From our cold hands @ VTO-Gallery London

22. Januar – 20. Februar 2005

Zeichnungen und andere Papierarbeiten

VTO-Gallery – 96 Teesdale Street – London E2 6PU

Kuratiert von Thomas Kilpper in Zusammenarbeit mit Patrick Heide
Eröffnung: 21. Januar 2005 von 18-22 Uhr


Lucie Beppler, Bernadette Corporation, Michael Beutler, Heide Deigert, Emmanuel Depoorter, Thomas Erdelmeier, Jeremy Glogan, Alex Hamilton, Thomas Kilpper, Dirk Krecker, Janne Lervik, Max Mason, Nils Norman, Olivia Plender, Miki Tschur, Klaus Weber, Amelie von Wulffen


Die Ausstellung from our cold hands bringt Zeichnungen und andere Papierarbeiten 17 junger Künstler mit unterschiedlichsten Arbeitsweisen und Strategien zusammen. Arbeiten, die sich widersprechen bzw. ergänzen, Arbeiten, die die Grenzen und Möglichkeiten dieses Mediums befragen und ausloten.

Klaus Weber zeigt Pilz-Zeichnungen, die in einem mehrtägigen Prozeß entsehen und zwar allein durch die Sporen der Pilze. Es handelt sich also quasi um eine Form „automatisierter Zeichnung” ohne direkten zeichnerischen Eingriff des Künstlers.

Umgekehrt zeigt Heide Deigert verzerrte Selbstportraits, die wie vom Computer geschaffen aussehen, aber tatsächlich von Hand gezeichnet sind.

Alex Hamilton nimmt Fotografien des Turner House im Osten Londons als Ausgangspunkt, kopiert sie, retuschiert und zeichnet in die Kopie, kopiert die Zeichnung erneut, zeichnet wieder in die Kopie und so weiter, bis nicht mehr klar ist, wie das ganze entstanden und wie es zu definieren ist: Foto, Zeichnung oder Kopie?

Olivia Plender hinterfragt in ihrem Comic master-piece das Klischee des ,Meisterwerks’, zeichnet ihre Arbeit zwar in klassischem Stil, stellt sie aber immer nur als Kopie aus. Sie macht die Kopie somit zum originalen Kunstwerk und hält das eigentliche Original unter Verschluß.

Dagegen zeigt die in den USA lebende Micki Tschur sehr persönliche Stories – Auszüge aus ihrem Skizzenbuch – „unfinished stories“ wie sie es nennt – als Originalzeichnung.

Die in Norwegen geborene Janne Lervik läßt ihre tagebuch- und comic-artigen Zeichnungen skurile Geschichten erzählen: von ihrer Wahlheimat Berlin.

Max Mason wird für die Ausstellung eine Edition in Form einer CD produzieren. Sie beinhaltet ein Soundpiece, eine Art Klang-Zeichnung, die in der Ausstellung zu hören / zu ,sehen‘ – und eine klassische Zeichnung, die in der Ausstellung jedoch nicht zu sehen ist. Nur wer die Edition erwirbt kann diese Zeichnung – z.B. zuhause am Bildschirm – sehen, für alle anderen bleibt sie ein virtuelles Bild.

Dirk Krecker haut die Tasten alter, mechanischer Schreibmaschinen ins Papier und schafft eine minimalistische Bildsprache: die beweglichen Lettern – Druckwerkzeug verwandelt er in seinen Zeichenstift und liefert für diese Ausstellung Jagdflugzeuge, die im Begriff sind anzugreifen bzw. abzustürzen.

Emmanuel Depoorter und Thomas Erdelmeier stellen großformatige Zeichnungen her – Depoorter geht dabei eher subjektiven Horror- und Angstszenarien hinterher, wobei Erdelmeiers Textbilder uns in ein überbordendes Labyrinth gesellschaftlicher Fragen und Konfliktfelder hineinziehen.

Lucie Beppler wiederum widmet sich intensiv kleineren Formaten mit denen sie Themenkomplexe aus dem Persönlichen und Intimen umkreist – vielfach verletzt und zerfurcht sie dabei ihre Blätter mit Schneidwerkzeug – sie ‚zeichnet‘ u.a. mit dem Messer. Für diese Ausstellung hat sie Arbeiten auf unbehandeltem Fotopapier gemacht, die wie zufällig entstanden wirken und Assoziationen wecken an Telefon-Gekritzel, wie es die meisten von uns wohl schon oft gemacht haben.

Thomas Kilpper hat mit der Kettensäge gezeichnet indem er den gesamten Parkettboden einer Basketballhalle der US-Armee zerschnitten und zum Druckstock für einen Holzschnitt gemacht hat. In dieser Ausstellung zeigt er die ehemaligen Nazi-Geheimdienst-Offiziere um Reinhard Gehlen, die nach dem Krieg an diesem Ort – in der Nähe von Frankfurt – von der CIA zu Agenten des Bundesnachrichtendienst ‚weitergebildet‘ wurden.

Nils Norman ist technisch gesehen ganz im Heute: er greift in seinen Illustrationen vor allem auf den Computer und dessen Software zurück: sein Zeichenstift ist die Maus. Mit ihr entwickelt er eine systemkritische Bildwelt in die seine ironischen Reparatur- bzw. Verbesserungsvorschläge für verschiedene gesellschaftliche Probleme einfließen.

Die in Berlin und New York lebende Künstlergruppe Bernadette Corporation stellt für die Ausstellung ein aus dem Internet bezogenes und computer-generiertes Bild eines ,blow-job’ zur Verfügung. Indem sie es auf Leinwand und Keilrahmen ziehen, befragen sie auch einen zentralen Eckpfeiler künstlerischer Produktion: inwiefern verhelfen Keilrahmen und Leinwand ein Werk zu wirklicher Kunst und einem wirklichen Wert zu machen?

Künstlerischer Tradition hält Jeremy Glogan scheinbar die Treue indem er Pinsel, Feder und Bleistift zur Hand nimmt – dabei spielt er jedoch mit den verschiedenen Stilrichtungen der Kunstgeschichte, bricht und verwirft seine Arbeit immer wieder auf’s Neue.

Amelie von Wulffen integriert Fotografie nicht nur in ihre Zeichnungen, mit ihren Übermalungen schafft sie eine völlig neue Grundlage für ihre Bildproduktion. Sie baut geradezu traumhafte Räume, um sich im nächsten Moment mit zarten Strichen wieder privaten Geschichten oder abgegriffenen und fragwürdigen Persönlichkeiten wie Alexander Solchenyzin zu widmen.

Michael Beutler baut low-tech Maschinen und wird mit einer solchen für die Ausstellung zehnfach vergrößerte ,Sunkist-Tetra-Pack-boxes’ produzieren und auf dem Boden verteilen. Provoziert er damit ein de-kon-struktives Spiel oder ist es die Besetzung bzw. Inanspruchnahme des Raumes?



Thomas Kilpper
Patrick Heide

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